2. Weiterentwicklungen der Phase II
Um die Leistung und Haltbarkeit der Haupttriebwerke zu
verbessern, startete die NASA bereits im August 1983 das Phase II-Programm. Im
Mittelpunkt der Phase II stand die Turbomaschinerie. Eine Überholung
der Triebwerke sollte erst nach zehn Flügen bei 109 % Leistung notwendig
sein. Weitere Veränderungen betrafen
die Hauptbrennkammer, hydraulische Stellmotoren und Hochdruckturbinen-
Ausstromtemperatur-Sensoren. Auch die Controllersoftware wurde
verändert, um die Triebwerkskontrolle zu verbessern. Die Zertifizierung der
Phase II war 1985 abgeschlossen. Im Mai 1986 sollte der erste Einsatzflug
erfolgen. Nach dem Challenger-Unglück traten Verschiebungen ein, so daß erst
beim Flug STS-26 die modernisierten Haupttriebwerke zum Einsatz kamen.
An den Hochdruck-Wasserstoff-Turbopumpen wurde die
Arbeitstemperatur um 43 oC vermindert, um den Sicherheitsspielraum
der Pumpe und die Lebensdauer der Turbinenschaufeln sowie die Haltbarkeit der
Turbinenauskleidung zu erhöhen. Auf die Turbinenschaufeln wurde eine
Oberflächenstruktur aufgetragen, die die Materialeigenschaften bei
dem hohen Druck des Wasserstoffs verbesserten.
Veränderungen führten auch zu Verbesserungen des Leistungsumfanges der
Hochdruck-Sauerstoff-Turbopumpe. Durch Auftragen einer
Oberflächenstruktur auf besondere Teile der Turbinenschaufeln wurde die
Lebensdauer der Turbopumpen verlängert. Außerdem wurden die Lager durch
den Einbau eines Dämpfers zur Verringerung von Vibrationen und Erhöhung der
dynamischen Stabilität verbessert.
Die Lebensdauer der Hauptbrennkammer wurde durch Auskleidung
des angeschweißten Einlaßkrümmers mit Nickel verlängert. Verbesserungen
wurden auch an fünf Hydraulikantrieben vorgenommen, um einem Verlust der
Redundanz auf der Startrampe vorzubeugen. An den Rohrwindungen der
Servokomponente wurden ebenfalls Qualitätsverbesserungen vorgenommen. Um
aufgetretene Unregelmäßigkeiten an einem Temperatursensor während des
Fluges zu vermeiden, wurde der Sensor neu entworfen und ohne Probleme
ausgiebig getestet.
Während der Flugpause nach dem Challenger-Unglück wurden zusätzliche
Verbesserungsarbeiten an den Triebwerken durchgeführt. Die ursprüglich geplante
Zertifizierung für den 109 % Power Level wurde letztlich gestrichen.
Um die Verbesserungen der Haupttriebwerke zu zertifizieren und ihre
Zuverlässigkeit durch Testen der Grenzwerte zu demonstrieren, begann im
Dezember 1986 erneut ein intensives Testprogramm am Erdboden. Von Dezember 1986
bis Dezember 1987 wurden 151 Test und 52.363 Sekunden Brenndauer
(entsprechend 100 Shuttle-Flügen) durchgeführt. Die Haupttriebwerke
überschritten dabei eine Gesamttestzeit von 300.000 Sekunden, was 615
Shuttle-Flügen entspricht. Diese Bodentests wurden in den Testständen
der National Space Technology Laboratories der NASA in Bay St. Louis,
Mississippi und des Santa Susana Field Laboratory der Rocketdyne
Division von Rockwell International in Chatsworth, Kalifornien
durchgeführt.
Die Einschätzung des Betriebsrisikos der Triebwerke erfolgt durch einen
Vorhersagewert, der das Risiko des Verlustes des Space Shuttle während
des Steigfluges beschreibt. Dieser Wert beträgt für Phase II-Triebwerke
1 in 404 Flügen.
Quellen:
Worlund, A.L. und J.H. Hastings: Space Shuttle Main Engine Evolutions, 2001
Jue, F. und F. Kuck: Space Shuttle Main Engine Options for the Future Shuttle, 2002
Jue, F.: Space Shuttle Main Engine - Thirty Years of Innovation,
letztes Update: 17. April 2005, 17:42:57