Die drei Haupttriebwerke sind am hinteren Ende, dem sogenannten "aft compartment" der Raumfähre dreieckförmig installiert. Triebwerk No. 1 befindet sich oben, Triebwerk No. 2 links unten und No. 3 ist rechts unten montiert.

Jedes dieser Haupttriebwerke ist 4,24 m hoch, hat am Ende der Düse 2,38 m Durchmesser und wiegt ungefähr 3.393 kg.

Es handelt sich um ein Hauptstromtriebwerk, dessen Funktion auf einem Patent des deutschen Ingenieurs Karl Stöckel (1912 - 2000) beruht (60). Es funktioniert nach dem Prinzip der stufenweisen Verbrennung (staged combustion). Dabei werden die Triebwerksturbinen durch treibstoffreiches Gas angetrieben, das in den Vorbrennern bei hohem Druck und relativ niedriger Temperatur erzeugt wird. Die Turbinen pumpen den Treibstoff dann in die Hauptbrennkammer, wo unter hohem Druck und hohen Temperaturen die vollständige Verbrennung abläuft. Sämtliche Treibstoffe, auch die zur Kühlung verwendeten, werden durch die Hauptbrennkammer geführt (Hauptstromprinzip).

Der schnelle Mischvorgang der Treibstoffe in einem Verhältnis von 6 : 1 (Sauerstoff : Wasserstoff) und entsprechende Druckbedingungen ermöglichen eine effiziente Treibstoffnutzung von nahezu 99 Prozent. In der Brennkammer werden Temperaturen von mehr als 3.315 o C (> 6.000 o F) erreicht.

Um eine derartige Effizienz zu erreichen, sind sehr hohe Drücke im Triebwerkssystem erforderlich. Da die Turbinen in Serie mit der Hauptbrennkammer geschaltet sind, muß der Auslaßdruck der Turbinen höher als der Brennkammerdruck sein. Der Turbineneinlaßdruck muß für eine ausreichende Energiebereitstellung um etwa 50 % höher sein als der Auslaßdruck. Die Vorbrenner, die das Antriebsgas für die Turbinen liefern, besitzen Injektoren, die Mindestdruckdifferenzen erfordern, um eine stabile Verbrennung zu gewährleisten. Dies erhöht den notwendigen Auslaßdruck der Turbopumpen auf das zweieinhalbfache des Druckes in der Hauptbrennkammer. Der hohe Brennkammerdruck in Verbindung mit dem Verstärkungseffekt der stufenweisen Verbrennung machten diese Triebwerke zu einem Quantensprung in der Raketentriebwerkstechnologie.

Der Schub eines Triebwerks der neuesten Generation, eines Block II-Triebwerks, beträgt unter Normbedingungen (104 %) 1.752 kN auf Meeresniveau und 2.174 kN im Vakuum. In Notfallsituationen kann der Schub bis auf 109 % gesteigert werden. Da das Hauptantriebssystem (Main Propulsion System - MPS) als Ganzes nur bis zu einer Leistung von 104 % zertifiziert ist, darf diese Maximalleistung unter normalen Bedingungen nicht genutzt werden. Die Prozentzahlen beziehen sich auf die Leistung der zuerst gebauten und geflogenen Triebwerke. Der Schub der Triebwerke kann zwischen 67 (ursprünglich 65) und 106 % computergesteuert und bis 109 % manuell reguliert werden. Während des Steigfluges werden durch die Schubregulierung nie mehr als 3 g Erdbeschleunigung überschritten.

Die Triebwerke arbeiten für ungefähr 8,5 Minuten während des Starts und Aufstiegs der Raumfähre, lange genug, um mehr als 1,9 Millionen Liter (500.000 Gallonen) superkalten flüssigen Wasserstoffs und Sauerstoffs zu verbrennen, die im großen Außentank an der Unterseite des Space Shuttle enthalten sind. Der Flüssigsauerstoff wird bei einer Temperatur von minus 183 Grad Celsius und der Flüssigwasserstoff bei minus 252,8 Grad Celsius gespeichert. Kurz bevor das Shuttle die vorgesehene Umlaufbahn mit einer Geschwindigkeit von etwa 27.358 km/h erreicht, werden die Haupttriebwerke abgeschaltet.

Die Triebwerksdüsen sind zur Steuerung des Shuttle während des Steigfluges hydraulisch um +/- 10,5 Grad im Steigwinkel und +/- 8,5 Grad in der Seitneigung schwenkbar.

Die Triebwerksfunktion wird durch die Hauptcomputer der Raumfähre gesteuert. Diese senden an alle Triebwerke zur gleichen Zeit die gleichen Steuerbefehle.

Die Triebwerke besitzen erstmals einen integrierten Controller, der über Digitalcomputer Steuerbefehle des Orbiters umsetzt und Sensordaten des Triebwerks verarbeitet. Der Controller überwacht die Triebwerke vor der Zündung, steuert den Fluß der Treibstoffe, koordiniert die Triebwerksredundanz, empfängt und überträgt Daten vom und zum Orbiter zur Speicherung und Übertragung zur Bodenkontrolle und steuert die Triebwerksventile. Über fünf Steuerventile wird die gesamte Funktion gesteuert.

Jedes der Triebwerke besteht aus 50.000 Einzelteilen und kostet 40 Millionen Dollar. Die Triebwerke waren ursprünglich für eine Gesamtbrenndauer von 27.000 Sekunden (7,5 Stunden), was 55 Raumfährenstarts entspricht, geplant. Aktuelle Schätzungen gehen jedoch von einer Triebwerkslebensdauer von 15.000 Sekunden, entsprechend 30 Shuttle-Starts, aus. Die Triebwerke sind für einen Dauerbetrieb von 754 Sekunden bei 67 bis 104 % Leistung zertifiziert.

Quellen: 60

10. Juli 2004, 22:38:45 - - - - letztes Update: 27. Mai 2006, 23:16:09