1. Brenntest am 21. April 1978
Der erste Brenntest fand am 21. April 1978 statt nachdem beim ersten Versuch (SF 1-01) am
11. April 1978 die Zündung der Triebwerke durch Zugriffssperren verhindert wurde. Der über 2,35 Sekunden geplante
Brenntest mit nicht flugfähigen Testdüsen lief letztlich über eine Sekunde.
2. Brenntest am 19. Mai 1978
Bei 70 % Triebwerksleistung erfolgt der 2. Test über die Dauer von 20 Sekunden. Nach 18,5 s
wurde Triebwerk No. 1 abgeschaltet. Die beiden übrigen Triebwerke brannten für 1,5 s weiter bei 70 % RPL. Es wurden
erneut Stummeldüsen verwendet.
3. Brenntest am 15. Juni 1978
Der 3. Test sollte eigentlich nur 15 Sekunden dauern, wurde aber von den NASA-Ingenieuren auf der
Basis der guten Ergenbnisse der ersten beiden Tests bis auf die Dauer von 42 Sekunden ausgedehnt. Die Triebwerke liefen
bei 90 % Triebwerksleistung und lieferten insgesamt 4.342 kN Schub (399). Für die letzten 5 Sekunden Brenndauer wurden die
Triebwerke auf 70 % Schubleistung gedrosselt. Wieder kamen Stummeldüsen zum Einsatz.
4. Brenntest am 7. Juli 1978
Triebwerk No. 2 arbeitete während der ersten 90 Sekunden bei 70 % Leistung wodurch der Ausfall
eines Triebwerkes während des Fluges simuliert wurde. Triebwerke 1 und 3 wurden bei 90 s ebenfalls auf 70 %
gedrosselt, um nach weiteren 10 Sekunden wieder auf 90 % Leistung gesteigert zu werden. Gegen Ende des Tests
wurde Triebwerk No. 2 abgeschaltet, um eine "Engine out"-Situation zu simulieren. Die Brenndauer betrug 104
Sekunden. Es wurden nichtflugfähige Stummeldüsen verwendet.
5. Brenntest am 4. Mai 1979
Startup-Test über 1,5 s unter Verwendung flugfähiger Schubdüsen.
Am 30. Mai 1979 wurde ein Riß in einem der drei Triebwerke, die für einen längerdauernden Brenntest
(520 Sekunden) vorgesehen waren, festgestellt. Daher mußte der nächste Test um 10 bis 20 Tage verschoben werden.
6. Brenntest am 12. Juni 1979
Nach einer Brenndauer von 54 Sekunden bei 100 % Leistung wurde der für 520 Sekunden geplante Test
frühzeitig beendet. Ursache war Akzelerometerstörungen. Es wurden flugfähige Düsen verwendet.
7. Brenntest am 2. Juli 1979
Der Brenntest SF 06-01 war als Flugmissionstest für die Dauer von 520 Sekunden unter Verwendung
flugfähiger Schubdüsen geplant. Bereits nach
etwa 18 Sekunden entwickelte das Gehäuse des Hauptwasserstoffventils (MFV) von Triebwerk SN 2002 einen großen Riß, der
es ermöglicht, daß Wasserstoff in das umschlossene Triebwerkskompartment austreten konnte. Der Verlust des Wasserstoffs
führte zum Temperaturanstieg beider Turbinen und die Turbinentemperatur der Hochdruck-Wasserstoffturbopumpe uberschritt
ihren Grenzwert, was zum Shutdown aller drei Triebwerke führte. In dieser Zeit stieg wegen der Verdampfung des
Wasserstoffs der Druck im Triebwerkskompartment an. Nahezu zur gleichen Zeit, als der Shutdown erfolgte, erreichte der
Druck im Kompartment 3,2 psi und überstieg die Widerstandskraft der Hitzeschilde des Kompartments, so daß sich die
Hitzeschilde lösten (siehe Photo). Die untere Sektion des MPTA erlitt ernsthaften Schaden. Außerdem trat ein kleineres
Feuer auf, das zu geringem Schaden, vorwiegend an den Instrumentenleitungen, führte. Das Innere der Triebwerkssektion
erlitt jedoch keinen Schaden.
Da der Vorfall am Titangehäuse des Ventils auftrat, wurden Titanexperten hinzugezogen. Der Hauptteil des Rißoberfläche
zeigte die Charakteristik eines Verformungsrisses auf Grund von Überlastung. Elektronenmikroskopisch wurde aber klar
nachgewiesen, daß der Ursprung des Risses in einer Aussparung für den Rückzugsstößel des Ballventils. Hinweise auf
Material- oder Schmiededefekte gab es nicht und auch die Mikrostruktur des Titans war normal. Chemische Analysen wiesen
die korrekte Materialzusammensetzung nach. Ausreichende Materialeigenschaften wurden durch Tests an Schmiedeproben
bestätigt. Obgleich elektronenmikroskopische Analysen Gebiete der Rißoberfläche zeigten, die einen Rißfortschritt wegen
Ermüdung erkennen ließen, unterschieden sich andere Regionen von Streßkorrosion, Wasserstoffeinflüssen oder
niederfrequenter Ermüdung. Die Rißanalyse war damit nicht in der Lage eine eindeutige Fehlerursache zu identifizieren.
Es wurden 15 verschiedene hypothetische Fehlerursachen überprüft, von denen durch extensive Tests bei Rocketdyne, dem
MSFC und anderen NASA-Centern 11 als Ursache ausgeschlossen werden konnten. Trotzdem reichte dies nicht aus, um die
Fehlerursache weiter einzugrenzen. Daher wurden die möglichen Fehlerursachen aller vier verbliebenen Hypothesen durch
Verbesserungen der Ventile künftig ausgeschlossen. Zusätzlich wurde die Aussparung für den Rückzugsstößel an allen
vorhandenen Ventilgehäusen neu gestaltet, so daß ein größerer Radius die Streßkonzentration um bis zu 30 % verminderte.
Desweiteren wurde das Ventilgehäuse überholt und somit die Hauptspannungen um 20 Prozent reduziert.
Ablösung der Hitzeschilde von Triebwerk 1 und
2. (Photo SC89c-4-1010: NASA via Biggs) |
Rißursprung am Gehäuse des
Hauptwasserstoffventils. (Photo LC303-167E: Rocketdyne via
Biggs) |
Brenntest am 24. Oktober 1979 abgesagt
Der an diesem Tag geplante Brenntest wurde wegen Überempfindlichkeit der Wasserstoffdetektoren
abgesagt. Es sollten Flugdüsen verwendet werden.
8. Brenntest am 4. November 1979
Erneut wurde ein für 510 Sekunden Brenndauer geplanter Test vorzeitig abgebrochen. Nach 9,7 s
überschritt die HPOTP-Dichtung von Triebwerk No. 3 (SN 0006) die Grenzwerte und alle drei Triebwerke wurden abgeschaltet.
Während des Abschaltprozesses versagte die Kühlungsleitung der verwendeten flugtauglichen Düse (Steerhorn - Steuerhorn)
von Triebwerk No. 1 (SN 2002), was zu einer starken inneren Beschädigung des Triebwerks und schweren Schäden an der
Instrumentierung des MPTA führte. Es wurde eine eingehende Fehlersuche durchgeführt, die zum Aufschub weiterer Tests bis
zur Fehlerfeststellung führte (94). Die NASA gab am 12. November 1979 die Verschiebung des Erstfluges um zwei bis drei
Monate auf Grund des Fehlschlages dieses Brenntests bekannt.
Die Düse von Triebwerk SN 2002 besaß dünnwandige Steuerhörner mit einer Lebensdauer
von 48 Tests. Sie versagte nun bereits beim achten Test. Zusätzlich verfügte die Düse über Dehnungsmeßstreifen, deren
Daten zeigten, daß der größte Dehnungspegel nicht groß genug war, um das Versagen hervorzurufen.
Die metallurgische Untersuchung der Rißoberflächen zeigten eine gekräuselte Struktur, die typisch für Überdehnng war,
aber keine Anzeichen für Ermüdungsstreifen. Eine Mikrohärte-Begutachtung ergab, daß die Schweißnähte im Bereich des
t-förmigen Ausläufers viel weicher waren als sie sein müßten. Weitere Untersuchungen mit elektronischen
Mikroproben-Röntgenanalysegerät ergaben, daß das Material aus Inconel 62 und nicht wie vorgesehen aus Inconel 718
bestand. Dieses Ergebnis war bedeutend, da Inconel 62 nur etwa die halbe Widerstandskraft von Inconel 718 besitzt. Es
wurde nun eine Analysemethode entwickelt, die durch elektrolytische Oxalsäureätzung eine sofortige Überprüfung anderer
Schweißnähte ermöglichte. Die Überpfüfung der betreffenden Düse zeigte, daß acht Nähte weiche Schweißnähte waren. Auch
die Überprüfung aller anderen Düsen wies überwiegend weiche Nähte nach. Die Nachprüfung von Fülldrähten bei der Firma
Rocketdyne fand zwei Arten von Drähten aus falschem Material, die beide vom gleichen Hersteller waren. Trotzdem hatte
Rocketdyne zertifiziert, daß sämtliche Drähte aus einer einzigen, korrekten Legierung hergestellt worden waren. Als
Konsequenz mußten alle Nähte an allen zwischen 1976 und 1978 hergestellten Triebwerken als suspekt angesehen werden
(94). Eine Überprüfung von 16.630 Schweißnähten an 349 verschiedenen Bauteilen ergab, daß für 3.359 Nähte das falsche
Füllmaterial verwendet worden war. Jede einzelne Schweißnaht wurde danach auf eventuelle erforderliche
Ausbesserungsarbeiten hin überprüft. Der gesamte Fülldraht (7.000 Pfund) wurde gesperrt und vor Weiterverwendung
rezertifiziert. Außerdem wurde eine strengere Kontrolle bei Rocketdyne und 31 weiteren Herstellern eingeführt.
Als Ergebnis der Untersuchungen des Vorfalls wurden alle verbliebenen Düsen mit dünnwandigen Kühlungsleitungen außer
Dienst gestellt. Alle Düsen mit weichen Schweißnähten am T-förmigen Teil der Kühlleitung wurden durch einen galvanischen
Nickelüberzug verstärkt, wodurch die Stärke der Nähte um das Dreifach erhöht wurde (93).
Aufbau der Schubdüse. (Photo
SC89c-4-1012: NASA via Biggs) |
9. Brenntest am 17. Dezember 1979
Der 9. Brenntest lief über 555 Sekunden. Begonnen wurde bei 100 % Leistung der Triebwerke. Nach
385 s wurde die Leistung auf 90 % reduziert, nach 450 s auf 80 % und nach 505 s auf 70 %. Wie vorgesehen, wurde zu
diesem Zeitpunkt Triebwerk No. 2 abgeschaltet, während die anderen beiden bis zum Schluß bei 70 % Leistung feuerten.
Bei diesem Test wurden die verwendeten Stummeldüsen geschwenkt und das POGO-System getestet. Dabei traten Probleme
mit POGO-Vibrationen auf (20).
10. Brenntest am 1. Februar 1980 (SF 7-01)
Dieser, für 520 Sekunden geplante Test, wurde nach 4,60 Sekunden abgebrochen, da im Triebwerk
No. 3 eine zu hohe Temperatur der Sauerstoff-Hochdruck-Turbopumpe festgestellt wurde.
11. Brenntest am 28. Februar 1980 (SF 7-02)
Brenntest mit 554,88 Sekunden Dauer mit dem bereits für den Test am 1. Februar 1980 vorgesehene
Schubprofil. Nach eingehend 100 % Leistung wurden alle drei Triebwerke auf 70 % gedrosselt, um kurze Zeit später
wieder auf 100 % gesteigert zu werden. Gegen Ende des Tests wurde die Leistung der Triebwerke entsprechend der
während eines Fluges geplanten 3-g-Schubdrosselung reduziert. Triebwerk No. 2 schaltete wie vorgesehen nach 520
Sekunden Brenndauer ab. Das POGO-Suppressionssystem wurde getestet und Schwenktests der verwendeten Stummeldüsen
durchgeführt.
12. Brenntest am 28. März 1980 (SF 8-01)
Der 12. Brenntest dauerte 541 Sekunden. Hierbei traten Vibrationen der Wasserstoffturbopumpen
auf. Erstmals wurden simultan alle drei Triebwerke abgeschaltet.
13. Brenntest am 16. April 1980
Der Test wurde wegen Vibrationen an Wasserstoffturbopumpen bei einem anderen Brenntest am 28. März
1980 vom 10. auf den 16. April verschoben.
Nach 4,6 Sekunden wurde Triebwerk No. 2 wegen einer zu hohen Auslaßtemperatur der Hochdruck-Wasserstoff-Turbopumpe
abgeschaltet. Nach 6,64 Sekunden von 544 geplanten Brennsekunden wurden auch die übrigen beiden Triebwerke abgeschaltet.
Es wurden erneut Stummeldüsen verwendet.
14. Brenntest am 30 Mai 1980 (SF 9-02)
Der 14. Brenntest im Rahmen der 9. statischen Testreihe dauerte 574 Sekunden. Damit hat der MPTA
eine Brenndauer von kumuliert 43,1 Minuten erreicht. Nach 46 Sekunden Brenndauer wurden die Triebwerke auf 65 %
Leistung gedrosselt, um dann nach weiteren 18 Sekunden wieder auf 100 % gesteigert zu werden. Nach 375 Sekunden
Brenndauer wurde erneut auf 95 %, bei 400 s auf 85 %, bei 430 s auf 83 % und bei 460 s auf 75 % gedrosselt. Dann
wurde Triebwerk No. 3 bei 480 s abgeschaltet und die verbliebenen Triebwerke bei 490 s auf 60 % Leistung gedrosselt.
Bei 565 Sekunden wurde auch Triebwerk No. 2 abgeschaltet. Die Cut-off-Sensoren schalteten Triebwerk No. 1 bei 574 s
ab. Während der Brenndauer wurde das POGO-System getestet und die Stummeldüsen geschwenkt.
15. Brenntest am 12. Juli 1980 (SF 10-01)
Bei diesem Test, bei de, flugfähige Düsen verwendet wurden, trat ein großer Brand im
Triebwerkskompartment auf, der durch das Durchbrennen der inneren und äußeren Wand des Wasserstoffvorbrenners in
Triebwerk No. 3 (SN 0006) ausgelöst wurde. Das führte zum Abbruch des Tests nach 106,53 Sekunden. Geplant war eine
Testdauer von 581 Sekunden. Zuvor wurden die Triebwerke nach dem Start von 100 % auf 90 % Leistung gedrosselt. Als
der Brand auftrat liefen sie bei 102 % Leistung.
Der Fehler trat sechs Elemente von einer Leitplatte der Vorbrennerkammer entfernt auf. Inspektionen der Vorbrennerelemente
wiesen keine Zeichen von Verschmutzungen nach, die eine Treibstoffblockade ausgelöst hätten. Es wurde jedoch festgestellt,
daß die einzelnen LO2-Einspritzsäulen nicht konzentrisch zu den Wassertstoffeinlaßringen angeordnet waren, was zu
einem Wasserstoffmangel an der Außenseite der Elemente der äußeren Reihe führte. Weitergehende Inspektionen deckten
als Ursache für die fehlende Konzentrizität eine Deformierung der Kopfplatte durch biegung nach auswärts um ein
Zehntel eines Inches auf halbem Wege zwischen innerster und äußerster Reihe auf. Nach Inspektion aller anderen
Vorbrenner erwies sich dieses Problem auf den hier betroffenen Vorbrenner beschränkt. Zusätzlich ergab eine
Überprüfung früherer Problemberichte, daß von diesem Vorbrenner mehr Berichte von Überhitzungen oder kleineren
Erosionen existierten als von allen anderen Vorbrennern zusammen. Die Ursache dieser Deformierung wurde nie
festgestellt, jedoch wurden periodische Inspektionen der Vorbrenner eingeführt, um zukünftig die Konzentrizität der
Außenreihenelemente zu überprüfen.
In späteren Jahren wurde auch der Kühlfluß im Vorbrenner neu gestaltet (95).
Photo des Ursprungs der Vorbrennerzerstörung im
Bereich der Kopfplatte. (Photo SC89c-4-1013: NASA via
Biggs) |
16. Brenntest am 3. November 1980
Die Überhitzung einer Turbine führte zum Shutdown nach 20 von 581 geplanten Sekunden. Der nächste
Test am 24. November 1980 wurde daraufhin verschoben (20). Nach Berichten von Rockwell International (173) brannte bei
102 % Leistung im Triebwerk No. 2 die Triebwerksdüse durch, wobei bei diesem Test Flugdüsen verwendet wurden.
17. Brenntest am 4. Dezember 1980 (SF 11-02)
Der Brenntest dauerte 591 Sekunden und damit eine Minute länger als die Brenndauer der Triebwerke
beim Flug in die Erdumlaufbahn. Die Gesamtdauer der MPTA-Tests betrug damit 53:17 Minuten. Dies steigert die
Gesamntbrenndauer einzelner Triebwerke auf über 24 Stunden. Triebwerk SN 0006 beendet diese Tests mit 13 Starts und
insgesamt 5.040 s Brenndauer.
Der 17. Test simulierte ein Flugprofil der Triebwerksleistung und startete bei 100 % Leistung. Nach 37 Sekunden wurden
die Triebwerke auf 65 % gedrosselt und bei 65 Sekunden erneut auf 102 % gesteigert. Bei 438 s wurde der Schub erneut
auf 65 % gedrosselt. Dann wurde Triebwerk No. 2 bei 442 s abgeschaltet und die übrigen Triebwerke auf 90 % gesteigert.
Bei 508 s wurden sie dann wieder auf 65 % gedrosselt und schließlich abgeschaltet. Während der Brenndauer wurden die
verwendeten Stummeldüsen bei 102 % Triebwerksleistung geschwenkt.
18. Brenntest am 17. Januar 1981 (SF 12-01)
Der Brenntest mit flugfähigen Triebwerksdüsen lief über eine Dauer von 629 Sekunden (10:29 Minuten)
und damit länger als je zuvor. Im Verlauf des Testes wurde bei 102 % Leistung Triebwerk No. 3 nach 239 Sekunden
abgeschaltet. Es erfolgten Test der Düsenschwenkung und des POGO-Systems. Erstmals wurde ein Außentank ohne
Anti-geyser-Leitung benutzt.
Quellen: 20, 63, 3, 65, 77, 81, 93, 94, 95, 103, 123, 173, 399
letztes Update:
30. Juli 2007, 22:10:51